Lebenszyklen

Es geht etwas zu Ende – und aus dem Impuls heraus, ohne groß nachzudenken, kündige ich nach fast sieben Jahren Wohnzeit, meine aktuelle Wohnung. Ich will einen neuen Anfang, jetzt wo meine Tochter aus dem Haus geht. Am liebsten weit… weit weg, vielleicht ins Allgäu, an den Bodensee… Ja Wasser und Berge das wünsche ich mir.

Eine Anzeige in der Zeitung – Haus zu mieten, tatsächlich im Allgäu, macht mich neugierig. Ganz verklärt kehre ich nach einem ersten Besuch von dort zurück, um wenige Wochen später eine zweite Reise anzutreten. Nun fühlt es sich nicht mehr stimmig an, es fehlt die Sonne und Allrad- brauche ich auch und überhaupt, ist alles so zäh in den Verhandlungen. Dann lasse ich los.

Nun die Idee von Gemeinschaft. Auch hier gibt es Angebote und dann sogar einen Kontakt. Wieder geht es auf die Reise in einen anderen Kreis, diesmal mit anderen Erwartungen. Eine kleine WG, zu zweit, später zu dritt …Das Zimmer darf ich mir aussuchen. Der Kontakt ist lebendig. Wünsche, Bedenken, Kompromisse …Möbel-rücken …kann es so gehen? Ein Gegenbesuch, ich wünsche mir ein Weiteres Kennenlernen …und auch das passt, aber dann…eine Übernachtung im Haus und da fühle ich es…ich bin nicht bereit, spiegle ich das Haus? Ich brauche mehr…fühle mich nicht bereit zu investieren…gebe auf. Bin ich überhaupt Gemeinschaftsfähig? Was es für mich braucht, darüber hatte ich mir keine Gedanken gemacht. Die Idee war gut, Miteinander, Austausch …nicht allein zu sein. Ich sage ab.

Nun befinde ich mich in einer Ohnmacht. Kontaktiere Freunde. Möchte Möbel unterstellen, zeitweilig irgendwo einziehen, auch da gibt es ein Angebot. Oder soll ich eine Ferienwohnung an der Ostsee mieten. Ich ziehe alle Register. Alle?

…es fühlt sich ein bisschen so an, als würde ich jetzt kein ZuHause mehr haben.
Hab ich ja auch fast nicht mehr, das Ende des Auszuges naht. Geht das? kann ich das? Wem kann ich mich so zumuten? Nicht mal mir selbst. Und so geraten auch meine Kontakte und Freundschaften ins wanken. Das ist dann doch Zuviel.
Nein und wieder lasse ich los, nicht ganz freiwillig.

Gut dann eine kleine Wohnung, eine ganz kleine …nur für mich. Ansprechbar für die Kinder, bleibe ich doch in ihrer Nähe, in dem alten Umfeld. Stadt wäre schön …ist aber zu zu teuer. Weiter weg…gibt keinen Sinn. Der Ort muss mir gefallen …Will ich – will ich nicht – was will ich?

Dann doch …Natur, weiter raus …und es findet sich eine kleine Wohnung.
Aber 30 m², schaffe ich das von 98 m²? Nein – ich schaffe es nicht.


Doch der Ort passt, nie gedacht.

Und dann findet meine Tochter eine Wohnung für mich. Es geht einfach und doch wieder nicht. Will mich die Wohnung …fast scheint es mir so, als würde sie mich mit Ihrem Geruch vertreiben wollen. Doch ich gebe nicht auf. Entdecke Ihr Potential, ihre Schönheit. Dann fügt sich alles und ich schaffe die Renovierung, den Umzug, mit Unterstützung, die auch plötzlich da ist. Halte meine Kündigungszeit ein. Verabschiede mich von der alten Wohnung, lasse los.

6 Wochen bin ich nun hier in meinem neuen ZUHause…komme langsam an. Erlebe nie gekannte Glücksmomente. Naturnah …ja hab ich mir doch gewünscht und fast vergessen.
Meine erste eigene Wohnung. Auch das war mir nicht bewusst. Ein Umzug vom Elternhaus in die erste Wohnung mit Kind und Mann, dann immer so weiter.

So scheint es, das ich für den Moment angekommen bin. Die Wohnung öffnet sich und er Blick führt weit hinaus auf die Burg, auf die Wälder. Ich komme mir vor wie eine Prinzessin auf Ihrem Schloss und manchmal wie in einer Blase, weit von der Welt.
Alles scheint zu stimmen, nun ja außer den Flugzeugen, die über mir ihre Bahnen kreisen. Wieso habe ich die eigentlich nicht bemerkt?

Doch wenn der Nachthimmel klar ist und ich von meinem Bett, durch das Dachflächenfenster, die Sterne sehen sehen kann, oder der Mond sich mir voll und prall präsentiert und die Sonne die Wohnung durchflutet, dann bin ich eins mit mir, angekommen… Und ich sehe das ein neuer Lebenszyklus beginnt. Muttersein, Frau sein…
Ich Verabschiede mich, von dem Alten, würdige die Zeit und freue mich auf das was jetzt ist. Der Blick aus meinem Fenster. Glückseligkeit …bis zum nächsten Umzug.

2 Antworten auf „Lebenszyklen“

  1. unglaublich, ich kann alles so gut nachvollziehen, obwohl mein Leben ganz anders verlief, …und doch , dieselben Zweifel und Ängste…..zu nah, zu eng, …zu weit weg….immer wieder auf der Suche nach dem „wahren “ Glück: allein , zu mehrt,….
    .jetzt im Moment weiß ich auch nicht mehr weiter, habe in vielen Ländern gelebt,(England, Frankreich, dann kurze Zwischenstation Österreich, dann zurück nach Frankreich und jetzt letztendlich wieder Deutschland ! …, wobei eine Reise nach Frankreich und es kommen alte Glücksgefühle hervor: diese unglaubliche Natur, die Provence, die Cevennes mit den schroffen Felswänden und (in den letzten Wochen ) reißenden Bergbächen ! Wo gehöre ich hin ??? Ich weiß es (noch) nicht………………………………..

  2. Ganz besonders in dieser Zeit, ist jeder von uns eingeladen, seinen Standort zu überprüfen. Ein Ruf der Seele, so nenne ich es. Ein Geschenk an uns, zu schauen, was will jetzt gesehen werden. Die Natur unterstützt dabei, diese Erfahrung habe ich auch gemacht und so lese ich es in den Zeilen. Fragen sind gute Voraussetzung um Antworten zu finden. Es ist ein Anfang. Ich ermutige genau da, dran zu bleiben. Einen wunderbaren 1.Advent.

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